Deutscher Gewerkschaftsbund

09.09.2019
Rente

Wenn kein Ende dann wenigstens halb so viel

von Jörg Meyer

Die Große Koalition kündigt für den Herbst einen Plan zur Entlastung von Betriebsrentnerinnen und -rentnern an: Die Last der Doppelverbeitragung soll gemindert werden.

Männliche Person stapelt Münzen aufeinander

DGB/Gnter Menzl/123RF.com

Kurz bevor am kommenden Dienstag in Baden-Württemberg die Schule wieder losgeht, ist es im Deutschen Bundestag mit der Sommerpause vorbei. Die Sitzungswoche beginnt am Montag. Ab dann wird es unter anderem spannend, ob und wie die Regierungsmitglieder ihre in die Pause mitgenommenen Aufgaben erledigt haben.

Eines der Themen, über das sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verständigen wollten, ist die finanzielle Entlastung von sogenannten Betriebsrentnerinnen und -rentnern. Denn die müssen nach derzeitiger Gesetzeslage für ihre über Jahre angesparten Betriebsrenten noch einmal die kompletten Krankenkassen- und Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Mit Eintritt in die Rente werden Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil fällig, die sogenannte Doppelverbeitragung. Die Regelung trat mit „Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-Modernisierungsgesetz) im November 2003 in Kraft. Betroffen sind Millionen Menschen die während ihrer Berufstätigkeit im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge in Direktversicherungen  eingezahlt haben.

In einem Interview hatte Hubertus Heil unlängst Verhandlungen zwischen SPD und Union zum Thema angekündigt. Gleichzeitig hatte er darauf verwiesen, dass es durch die Mütterrente die kommende Einführung der Grundrente dauerhafte Mehreinnahmen bei den Krankenkassen gebe, aus denen man die Entlastung der Betriebsrenten finanzieren könnte.

Für die Krankenkassen wiederum ist Jens Spahn zuständig, der bereits Anfang August einen Plan vorgelegt hatte. Danach soll die Zahllast der Betriebsrentnerinnen und -Renter halbiert werden. Der Arbeitgeberanteil soll ab 2020 überwiegend aus Steuermitteln finanziert werden: Die Kassen sollen jährlich 2,5 Milliarden Euro mehr bekommen und 500 Millionen selber tragen.

Doch zu dieser Belastung der Steuerkasse hatte sich postwendend Finanzminister Olaf Scholz (SPD) kritisch zu Wort gemeldet.

Spahn hatte bereits Anfang des Jahres geäußert, dass es grundsätzlich bei der Doppelverbeitragung eine Übereinstimmung mit CSU und SPD geben könne, war aber damals noch von der Bundeskanzlerin zurückgepfiffen worden. Doch es gibt CDU-Beschlüsse zum Thema, und die CSU spielt das Ende der Doppelverbeitragung in ihrer jetzigen Form über den Bundesrat. Die SPD ist ohnehin dafür.

Diskussion dürfte es bei der Finanzierung der von Spahn auf drei Milliarden Euro bezifferten Entlastung geben. Die Steuerlösung sieht die SPD kritisch. Darum verweist Heil auf Mehreinnahmen durch die Mütterrente.

Der DGB begrüßt die Entlastung prinzipiell, für die Gewerkschaften ist die Doppelverbeitragung weder wirtschaftlich noch sozialpolitisch zu rechtfertigen. Besonders hart getroffen davon würden Gering- und Niedrigverdienerinnen und -verdiener. Sie konnten schon vorher von den steuerlichen Entlastungen, die einen Anreiz für eine betrieblichen Altersvorsorge geben sollten, am wenigsten profitieren.

Die Abschaffung der Doppelverbeitragung gehört schon lange zum Forderungskatalog des DGB. Die Menschen sollten entweder in der Ansparphase oder in der Auszahlungsphase Beiträge zahlen – nicht beides.

„Ein denkbarer Kompromiss wäre, auf die Beträge nur den halben Satz zu erheben“, sagte Markus Hofmann, Abteilungsleiter Sozialpolitik beim DGB-Vorstand. „Das wäre kein Ende der Verbeitragung, aber ein spürbare Entlastung für sehr viele Menschen.“ Die Politik müsse endlich handeln.

Neben einer Lösung bei den Betriebsrenten wird für den Herbst auch ein Ergebnis zur Grundrente erwartet. Hier streiten die Groß-Koalitionäre über die Bedürftigkeitsprüfung. Außerdem will die vom Bundesarbeitsministerium eingesetzte Rentenkommission ihren Bericht vorstellen und Empfehlungen zur weiteren Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung präsentieren.


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